Prof. Dr. Ulrich Veit, Lehrstuhlinhaber der UFG übermittelte uns folgende Stellungnahme:
Stellungnahme zu den Auswirkungen der vom Rektorat der Universität Leipzig angekündigten Stellenstreichungen im Bereich der archäologischen Fächer
Die aktuellen Sparbeschlüsse des Rektorats der Universität Leipzig (UL) mit den bekannten Stellenstreichungen und Institutsschließungen treffen nicht nur die von den Verantwortlichen explizit genannten Institutionen. Sie betreffen indirekt auch das Historische Seminar, das über die Professur für Ur- und Frühgeschichte (UFG) aktuell rund 50 % des Angebots zum fachübergreifenden BA-/MA-Studiengang „Archäologie der Alten Welt“ (AAW) beisteuert. Mit der angekündigten mittelfristigen Schließung dieses interdisziplinär ausgestalteten Studiengangs wäre auch die UFG (bzw. genauer die „Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie“) ihrer Ausbildungsmöglichkeiten beraubt – und die betreffenden Lehrkapazitäten wären freigesetzt. Neue Partner müssten gesucht und ein vollkommen neues Studienangebot müsste entwickelt werden. Wichtige, auch finanziell relevante Grundsatzentscheidungen zur Ausrichtung der Arbeit an der Professur für Ur- und Frühgeschichte seit der Neubesetzung vor gerade einmal drei Jahren müssten unter dem Eindruck der neuen Situation revidiert werden. Entscheidende Schritte zur Verbesserung des Studienangebots, die seither unternommen worden sind, wären vergebens gewesen.
Aber dies ist nicht alles: Das neu zu entwickelnde Angebot hätte aus einer studentischen Perspektive vermutlich bei weitem nicht die Attraktivität des aktuellen Angebots. Und mit fehlender studentischer Nachfrage wären schließlich auch die regelmäßige projektgebundene Zusammenarbeit mit verschiedenen Landesdenkmalämtern sowie die damit verbundene Drittmitteleinwerbung der Professur akut gefährdet (siehe die aktuellen Stellungnahmen der Landesarchäologin von Sachsen Dr. Regina Smolnik und der Sächsischen Gesellschaft für Archäologie).
Auch aus diesem Grund sollte das Rektorat die Entscheidung zur Einstellung des Studiengangs AAW und zur Abwicklung der Leipziger Klassischen Archäologie überdenken und sich gemeinsam mit den Leipziger Archäologinnen und Archäologen in Dresden für eine Bereitstellung der für eine Fortführung dieses gut funktionierenden und nachgefragten Studienangebots nötigen Mittel einsetzen.
Der Studiengang AAW profitiert nicht nur von der Attraktivität des Studienorts Leipzig, sondern auch von der räumlichen Einheit der beteiligten Einrichtungen. Die gemeinsame Unterbringung von Bibliothek, Sammlungen, Unterrichts- und Arbeitsräumen beider Lehreinheiten im Bereich der Ritterstraße erlaubt ein Studium der kurzen Wege. Dazu trägt auch die Nähe zu anderen altertumswissenschaftlich und historisch arbeitenden Einrichtungen wie dem Ägyptologischen Institut der Universität sowie dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum Ostmitteleuropa (GWZO) bei.
Die Landesämter für Archäologie in Dresden und in Halle stellen Leipziger Studierenden seit Jahren – durchaus in ihrem eigenen Interesse – nicht nur interessantes Quellenmaterial für ihre Forschungen zur Verfügung, sondern sie bieten etwa über Promotionsstipendien und über befristete Anstellungen bei Ausgrabungen im Leipziger Raum auch Möglichkeiten zur Finanzierung des Studiums. Diese archäologischen Ausgrabungen wiederum sind entsprechend den Bestimmungen des Denkmalschutzrechts Voraussetzung für die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur (z.B. Straßenbau) und zur Industrieansiedlung. Insofern tragen Leipziger Studierende der AAW durchaus auch sehr direkt zur Entwicklung der Stadt bei.
Es freut mich, dass sich Studierende beider Spezialisierungen des Studiengangs AAW sowie der anderen betroffenen Fächer gemeinsam offensiv für den Erhalt „ihres“ jeweiligen Studiengangs an der Universität Leipzig einsetzen. Ich hoffe, dass der argumentativ gut untermauerte Protest weithin Gehör findet und letztlich mit dazu beiträgt, dass die Stellenstreichungen nicht umgesetzt werden. Nur so lässt sich eine weitere spürbare und irreversible Schwächung des Wissenschaftsstandorts Leipzig – und damit letztlich auch des Wirtschafts- und Kulturstandorts Sachsen – vermeiden.
Ulrich Veit
Professur für Ur- und Frühgeschichte am Historischen Seminar der UL